Damit man als Verwaltungsrat einer AG oder Gesellschafter und Geschäftsführer einer GmbH persönlich für einen Schaden haftbar gemacht werden kann, braucht es viel. Zudem erweist sich die Durchsetzung solcher Ansprüche im Rahmen einer Verantwortlichkeitsklage als herausfordernder juristischer Weg, diese Prozesse gehören zu den anspruchsvollsten überhaupt.
Ganz anders aber folgender Ausnahmefall, der faktisch zu einer Kausalhaftung der Organe führt. Da wir in der Praxis mit dieser Konstellation viel zu häufig beschäftigt sind, sei hier nachdrücklich auf dieses Risiko aufmerksam gemacht.
Wer als Verwaltungsrat einer AG oder als Gesellschafter einer GmbH im Handelsregister eingetragen ist, muss es als eine seiner wichtigsten Pflichten betrachten, dafür zu sorgen, dass die Sozialversicherungsbeiträge stets bezahlt werden. Denn kommen die Sozialversicherungen (SVA) im Falle eines Konkurses der Gesellschaft zu Schaden wegen noch nicht beglichener Beiträge, bietet Art. 52 AHVG (analog für Schäden der Pensionskassen übrigens Art. 52 BVG) eine Rechtsgrundlage, mittels welcher die SVA direkt die damals verantwortlichen Organe der Konkursitin ins Recht fassen kann.
Die eigentlich als Verschuldenshaftung konzipierte Haftungsnorm ist dabei weitgehend zu einer Kausalhaftung verkommen, weil Entschuldigungen in der Regel nicht weiterhelfen.
Zwar steht im Gesetz, dass nur die «absichtliche» oder die «grobfahrlässige» Verursachung von Schaden zu einer Schadensersatzpflicht führt. Doch die Rechtsprechung hat dies dahin gehend konkretisiert, dass die Nichtbezahlung von SVA-Beiträgen per se mindestens grobfahrlässig sei, egal, welche Aufgabe jemand im Rahmen eines Verwaltungsrats bekleidet.
So sind namentlich Beteuerungen, die Verantwortung für die finanziellen Belange der Firma habe einem anderen Verwaltungsrat oblegen oder man habe in Wahrheit gar keine Entscheidbefugnis gehabt, diese hätten faktisch andere Personen wahrgenommen, unbehelflich.
Aktuelles Gerichtsurteil
Dies ruft unbarmherzig das Urteil des Versicherungsgerichts des Kantons St. Gallen vom 10. März 2017 (AHV 2015/27) in Erinnerung. In diesem Fall war der Gesellschafter einer GmbH für über CHF 120 000.– Schaden der SVA erfolgreich ins Recht gefasst worden, obschon er betonte, trotz seiner Stellung als Geschäftsführer der GmbH faktisch nichts betreffend deren Führung zu sagen gehabt zu haben.
Was gemäss der strengen bundesgerichtlichen Rechtsprechung zählt, ist die formelle Befugnis gemäss Handelsregistereintrag, nicht die faktischen internen Machtverhältnisse. Auch Aufgabenzuteilungen innerhalb des VR bzw. Gesellschaftergremiums werden nicht beachtet, und weder das Argument der Unerfahrenheit oder der Überforderung noch Fernbleiben von wichtigen Sitzungen oder Stimmenthaltung versprechen Aussicht auf erfolgreiche Abwehr dieser Ansprüche.
Die Forderungen der Ausgleichskassen
Die Problematik ist umso brisanter, als die Forderungen der SVA sehr hoch sein können und ausserdem mit 5% Verzugszins dotiert sind. Zudem geht die SVA keinesfalls nur einzelfallweise gegen die Organe einer konkursiten Gesellschaft vor. Vielmehr werden bei Konkursen die Ausstände konsequent bei den Organen der Gesellschaft eingefordert.
Wie oben stehendes Beispiel zeigt, können diese Forderungen ruinöse Höhen erreichen.
In der Praxis erlebe ich es immer wieder, dass «friends and family» sich als Gesellschafter zur Verfügung stellen, weil eine nahestehende Person ihre eigene Kredibilität bereits verspielt hat.
Gerade solche Konstellationen sind gefährlich, weil sich die Strohmänner und -frauen in der Regel überhaupt nicht für die Gesellschaft interessieren. Sie lassen ihren Verwandten oder Freund in der Gesellschaft fuhrwerken und haben weder Einblick in die Zahlen und Geschäfte, geschweige denn Kontrolle. Wenn es hart auf hart kommt, die Gesellschaft Konkurs geht und es sich, wie so häufig, herausstellt, dass die Sozialversicherungen noch offene Forderungen haben, müssen aber genau diese unbescholtenen Strohmänner und -frauen für diese Forderungen geradestehen. Vorsicht und Umsicht ist also angezeigt. Nehmen Sie solche Mandate nur an, wenn Sie auch Einblick in die Geschäfte und namentlich die Finanzen bekommen. Ansonsten gilt: Finger weg.
Was sollte bei einem Verfahren nach Art. 52 AHVG beachtet werden?
Sollten Sie je in die unglückliche Situation kommen, mit einem AHV-52-Verfahren konfrontiert zu sein, dann beachten Sie bitte die folgenden Punkte:
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