Änderung im SchKG (Stundungsrecht) ab 20.April 2020: Einführung eines besonderen Stundungverfahrens für kleinere Unternehmen (sog. COVID-19-Stundung)
Das bewährte Verfahren der regulären Nachlassstundung, welches infolge Aufwendigkeit und Kostenintensität v.a. grösseren Unternehmen zur Verfügung steht, wird ab 20. April 2020 in vereinfachter, angepasster Form auch Klein- und Kleinstunternehmen zur Verfügung gestellt (sog. COVID-19-Stundung), welche aufgrund der Coronakrise in Liquiditätsschwierigkeiten geraten sind. Ziel ist es, diesen Unternehmen Zeit zu verschaffen, um sich auf die Zeit nach Corona organisieren/ausrichten zu können (max. sechs Monate). In diesem Zeitraum sollen sich die Unternehmen eigenverantwortlich und ohne Betreibungsdruck mit den Gläubigern (bis Stundung) einigen können und wenn möglich eine Sanierung herbeiführen. Voraussetzung ist, dass die Gesellschaft beim zuständigen Nachlassgericht um COVID-19-Stundung ersucht, mit dem Beleg (Jahresrechnung 2019), dass sie per 31. Dezember 2019 nicht überschuldet war und unter Aufzeigen der aktuellen Vermögenssituation, welche so gut als möglich zu belegen ist (Budget 2020 und Liquiditätsplan erstellen). Zudem hat der Verwaltungsrat die Feststellungen zur Überschuldung, Stundung und geplanten Massnahmen in einem VR Protokoll festzuhalten.
Das Gericht wird eine Stundung von drei Monaten bewilligen und diese im kantonalen Amtsblatt und folglich im SHAB publizieren. Diese Frist kann nur einmal um zusätzlich drei Monate verlängert werden. Innert dieser sechs Monate gelten Forderungen, welche vor Bewilligung der Stundung entstanden sind, als gestundet, müssen/dürfen also nicht bezahlt werden, mit Ausnahme der Forderungen erster Klasse, d.h. jene der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer. Diese Zeit soll für eine Neuausrichtung sowie Sanierung des Unternehmens genutzt werden, sodass zum Ende der Stundung nicht doch der Konkurs über die Gesellschaft eröffnet werden muss.
Normales Nachlassverfahren ohne COVID-19 Massnahmen:
Im schweizerischen Schuldbetreibungs- und Konkursrecht gibt es mit dem Nachlassverfahren nach Art. 293 SchkG eine Möglichkeit ein Unternehmen aus einer finanziellen Schieflage zu retten. Dieses Instrument hat neben dem Rechtsstillstand, wie es der Bundesrat am 18. März 2020 angeordnet hatte, den grössten Effekt.
Der Schuldner kann beim zuständigen Nachlassgericht ein Nachlassverfahren einleiten. In diesem Verfahren wird der Abschluss eines Nachlassvertrages angestrebt, wobei eine Nachlassstundung vorangeht. Während der Stundungsphase überwacht der Sachwalter die Geschäftstätigkeit des Schuldners und schafft zuhanden der Gläubiger und des Nachlassrichters die Entscheidungsgrundlagen für das Zustandekommen und die Bestätigung des Nachlassvertrages. Die Nachlassstundung dient somit der Vorbereitung für den Abschluss des Nachlassvertrages bzw. der Sanierung. Der ordentliche Nachlassvertrag (Stundungsvergleich oder Prozent- bzw. Dividendenvergleich) ermöglicht die weitere Existenz des Schuldners in der bisherigen Form. Mit dem Stundungsvergleich bietet der Schuldner seinen Gläubigern die vollständige Tilgung ihrer Forderungen nach einem bestimmten Zeitplan an. Der Prozent- oder Dividendenvergleich beinhaltet nur noch einen Teil der Forderungen im gleichen Verhältnis für alle Gläubiger und auf Erlass des Restes. Demgegenüber lässt der Nachlassvertrag mit Vermögensabtretung (Liquidationsvergleich) zwar die Möglichkeit offen, das Unternehmen ganz oder in seinen wesentlichen Teilen zu erhalten (z.B. in einer Auffanggesellschaft), führt im Übrigen aber zur Liquidation des schuldnerischen Vermögens bzw. des schuldnerischen Unternehmens.
Nach Verfahrenseinleitung wird dem Schuldner zunächst die provisorische Nachlassstundung für die Dauer von maximal 4 Monaten bewilligt. Die Nachlassstundung gewährt dem Schuldner Schutz vor dem rechtlichen Zugriff seiner Gläubiger, beschränkt aber seine Verfügungsbefugnis über dessen Vermögen und ermöglicht die Vorbereitung der Sanierung bzw. allenfalls der Liquidation. Insbesondere kann während der Nachlassstundung ein vom Schuldner betriebenes Unternehmen grundsätzlich weitergeführt werden, was regelmässig Voraussetzung für das Gelingen einer Sanierung ist. Ergibt sich während der provisorischen Stundung, dass Aussicht auf Sanierung oder Bestätigung eines Nachlassvertrages besteht, so bewilligt das Nachlassgericht die Stundung definitiv für weitere vier bis sechs Monate. Es entscheidet von Amtes wegen vor Ablauf der provisorischen Stundung. Die definitive Nachlassstundung kann bei komplexen Fällen bis auf höchstens 24 Monate verlängert werden.
In Bezug auf den Schuldnerschutz hat die Nachlassstundung die ähnlichen Wirkungen wie der vom Bundesrat angeordnete Rechtsstillstand. Während der Nachlassstundung kann gegen den Schuldner eine Betreibung weder eingeleitet noch fortgesetzt werden. Die provisorische bzw. nachfolgende definitive Nachlassstundung hat aber den Vorteil, dass sie maximal 28 Monate dauern kann. Dies gibt dem Schuldner genügend Zeit, um seinen Liquiditätsengpass zu beheben. Sollte sich die Wirtschaft nach der Corona Krise wieder erholen, besteht die grosse Wahrscheinlichkeit, dass der Schuldner seine Gläubiger im Rahmen eines Stundungsvergleichs vollständig befriedigen kann.
Ein Nachlassverfahren schützt somit den Schuldner am besten. Nachteil ist aber, dass die Verfügungsbefugnis des Schuldners über dessen Vermögen beschränkt wird. Er wird von einem Sachwalter überwacht. Damit werden die Gläubigerinteressen gewahrt.
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